Karolina (37)
Meine zwei Hypnobirthing Geburten
Als ich 2015 zum ersten Mal schwanger wurde, bekam ich schon bald große Angst vor der Geburt. Man weiß ja gerade beim ersten Baby gar nicht, was auf einen zukommt und hatte keine Ahnung, wie ich mich darauf vorbereiten sollte. Man läuft ja auch keinen Marathon, ohne vorher dafür trainiert zu haben! Da ich früher eine Geburt in erster Linie nur mit „Schmerzen“ assoziiert habe, wollte ich mich einfach mental auf diese Herausforderung vorbereiten. Eine gute Freundin, die auch Hebamme ist, hat mir von Hypnobirthing erzählt, und ich besuchte bereits im 5. Schwangerschaftsmonat einen Hypnobirthing-Kurs – das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens! Im Kurs lernte ich frühzeitig, meine Ängste loszulassen und baute die nötige Zuversicht und mentale Stärke auf, sodass ich bald wusste: Ich werde diese Geburt problemlos schaffen!
Die verschiedenen Atem- und Entspannungstechniken habe ich zuhause fast jeden Tag geübt, und auch die Affirmationen sind mir bald in Fleisch und Blut übergegangen. Ich habe oft die CDs gehört, ob beim Entspannen in der Badewanne, beim Wäsche aufhängen oder abends beim Einschlafen. Auch die Visualisierungen einer schönen und natürlichen Geburt wurden bald selbstverständlich für mich. Am Ende freute ich mich schon richtig auf dieses schöne Ereignis und spürte keinerlei Angst mehr in mir.
Sechs Tage vor dem errechneten Geburtstermin platzte meine Fruchtblase. Nachdem das Fruchtwasser nicht in einem Schwall kam und mein Sohn schon relativ tief im Becken lag, haben wir aber nicht panisch die Rettung gerufen, sondern sind selbst ins Spital gefahren. Auch dort reagierte man entspannt auf mein Eintreffen, und nachdem noch keine Wehentätigkeit zu verzeichnen war, fühlte ich mich ganz normal, abgesehen von einer leichten innerlichen Aufregung, ähnlich wie Lampenfieber – „Es geht los! Wir bekommen endlich unser Baby!“ Es dauerte zwar insgesamt noch fünf Stunden, bis die ersten Wehen einsetzten, aber ich blieb ganz gelassen und fühlte mich absolut bereit. In den nächsten vier Stunden konnte ich die erlernten Entspannungstechniken perfekt anwenden. Ich atmete die Wellen wunderbar weg, und mein Mann unterstützte mich dabei, indem er mir das Gewicht eines Arms abnahm – so spürte ich genau, ob ich wirklich entspannt bin oder ob ich noch mehr loslassen muss. Ich atmete ruhig und konzentriert und gab kaum einen Laut von mir. Dazu hörte ich entspannende Musik und fühlte mich wohl. Dann wurde es Mitternacht, eine erste Ermüdung setzte ein, aber die Wellen wurden zunehmend heftiger. Leider hatte ich auch seit dem Mittagessen nichts mehr im Magen, denn die Snacks, die ich mir eingepackt hatte, hatte ich leider wieder erbrochen. Somit war ich sehr hungrig und erschöpft, aber die Hypnobirthing-Denkweise half mir dennoch dabei, gelassen zu bleiben und an meine innere Stärke zu glauben.
Da die Wellen immer heftiger wurden und auch die Abstände dazwischen immer kürzer, hatte ich in den frühen Morgenstunden leider Probleme, die Wellenatmung weiter durchzuziehen. Der Schmerz der Kontraktionen hat mich immer mehr überrollt, sodass ich jedes Mal laut stöhnen musste und mich immer mehr verkrampfte anstatt loszulassen. Ich befand mich bereits in der Übergangsphase, hatte wirklich große Schmerzen und gelangte erstmals an den Punkt, wo ich glaubte, nicht mehr zu können… Ich dachte kurz über eine PDA nach, ließ es aber doch bleiben, um zu vermeiden, die Geburt dadurch noch weiter in die Länge zu ziehen. Außerdem wollte ich mobil bleiben. Inzwischen war es bereits 7 Uhr morgens, Schichtwechsel bei den Hebammen. Es wurde festgestellt, dass mein Muttermund erst 7 cm offen sei, da bin ich kurz verzweifelt… Aber fast im selben Moment begann schon die Pressphase, zum Glück! Da mein Sohn einen großen Kopf hatte und ein wenig schief im Becken lag, mit der Nabelschnur um den Hals, dauerte die Pressphase leider sehr viel länger als üblich. Da ich aber innerlich so entschlossen war, blieb ich total fokussiert und verlor völlig das Zeitgefühl, weil ich wusste, wie kurz vor dem Ziel ich schon war. Die Vorfreude, dass es fast geschafft war, half mir, all meine Kräfte zu mobilisieren, sodass mir nicht bewusst war, dass ich volle 90 Minuten lang Presswehen hatte. Auch den Dammriss, den ich mir am Ende noch zugezogen habe, nahm ich gar nicht richtig wahr, denn um 8:56 erblickte unser Sohn das Licht der Welt, und alles andere war egal! Der Kleine hat sofort kräftig geschrien, und ich konnte ihn schon eine Sekunde später im Arm halten, das war ein überwältigender Moment. Mein Mann weinte vor Glück, und ich platzte fast vor Stolz. Ich hatte es geschafft! Nach 13 Stunden Wehen und einem sehr langen Finale war unser Sohn gesund geboren! Niemals zuvor war ich so dankbar.
Mir ging es zwar nach der Geburt kreislauftechnisch nicht gut, weil ich viel Blut verloren hatte – ich konnte wegen starkem Schwindel erst nach zwei Tagen alleine aufstehen – aber ich war dennoch überglücklich und voller Selbstvertrauen. Auch die Hebamme war von meiner Leistung beeindruckt und meinte, wenn sie bei mir nicht so große Entschlusskraft und Stärke gespürt hätte, hätten sie und die Ärztin vermutlich Maßnahmen ergreifen müssen, um meinem Sohn anders auf die Welt zu helfen. Dank Hypnobirthing blieb uns das erspart, denn ich wünschte mir so sehr eine natürliche Geburt und war auch überzeugt davon, dass ich die Schmerzen bewältigen und dieses Baby ohne viel Hilfe von außen auf die Welt bringen kann. Genauso war es auch. Ich glaube, dass ich ohne Hypnobirthing nicht dasselbe Durchhaltevermögen gehabt hätte, und die Geburt hätte für mich und meinen Sohn traumatisierend enden können. Aber die angstfreie Grundhaltung, die man sich durch Hypnobirthing aneignet, hat dazu geführt, dass ich die Geburt als wertvolles Geschenk erlebt habe, das mich innerlich wachsen hat lassen.
Dadurch, dass ich meine erste Geburt so schön erlebt habe, hatte ich natürlich auch keine Angst vor einer weiteren! Und so kam keine zwei Jahre später noch ein Schwesterchen auf die Welt – und natürlich habe ich auch hier dieselben Hypnobirthing-Techniken eingesetzt. Nachdem meine Tochter bereits elf Tage über ihrem Geburtstermin war, musste ihre Geburt eingeleitet werden. Die Wellen setzten rasch ein, und von da an dauerte es nur dreieinhalb Stunden, bis meine Tochter das Licht der Welt erblickte. Dadurch, dass es diesmal so schnell ging, waren leider auch die Schmerzen viel intensiver. Dennoch war eine PDA kein Thema für mich, denn ich wusste ja bereits, dass ich die Schmerzen gut bewältigen kann. Ich durfte auch meine Tochter wieder natürlich zur Welt bringen, sodass ich diese Geburt als genauso wunderschön erlebt habe wie die erste. Sicher war ich dank der positiven Erfahrungen meiner ersten Geburt von Anfang an schon entspannter, und auch mein Körper arbeitete automatisch noch besser mit. Ich zog mir keine Geburtsverletzungen zu, hatte auch keine Kreislaufprobleme und war generell viel schneller wieder fit als beim ersten Mal.
Ich glaube, dass meine zwei Kinder am allermeisten von Hypnobirthing profitiert haben, denn wenn die Mama sich bei der Geburt nicht so sehr verkrampft, kann auch das Baby viel leichter mitarbeiten. Eine Geburt ist sowieso immer Teamarbeit zwischen Mutter und Kind!
Zusammenfassend kann ich sagen:
Ich bin unendlich dankbar, dass ich rechtzeitig Hypnobirthing für mich entdeckt habe. Dank Hypnobirthing habe ich die Fähigkeit entwickelt, Wehen nicht als etwas Furchtbares zu betrachten, sondern als etwas Gutes und Kraftvolles, das mir dabei hilft, mein Baby bald im Arm halten zu können. Wenn man gelernt hat, auf diese Weise mit seinem Körper mitzuarbeiten anstatt sich gegen diesen – völlig natürlichen – Geburtsprozess zu wehren, dann erlebt man sich selbst während der Geburt als aktiv und kraftvoll und fühlt sich nicht hilflos oder ausgeliefert. Es geht bei einer Geburt vor allem ums Loslassen und Zulassen, um das Vertrauen in seinen Körper und sein Baby – das hätte ich in einem normalen Geburtsvorbereitungskurs sicherlich nicht gelernt. Ich würde daher jeder Schwangeren empfehlen, sich mit Hypnobirthing auf die Geburt vorzubereiten – je früher, umso besser! Ich habe das Gefühl, dass sich viele Schwangere im Vorfeld gar nicht viel mit der Geburt beschäftigen wollen, vielleicht weil sie denken, „das haben schon so viele Frauen vor mir geschafft, dann werde ich es auch irgendwie hinter mich bringen“. Es ist aber ein Irrglaube zu denken, man hätte sowieso keinerlei Kontrolle darüber, was während der Geburt geschieht. Man hat in Wahrheit einen großen Einfluss darauf – es ist viel Kopfsache. Ich habe das Gefühl, dass viele andere Frauen ihre Ängste beiseite schieben und dann manchmal traumatische Geburtserlebnisse haben, weil sie sich mental nicht vorbereitet hatten. Ich finde es jedes Mal so schade, wenn ich von Freundinnen und Bekannten höre, wie schrecklich sie ihre Geburten erlebt haben. Ich glaube, in vielen Fällen muss es nicht so sein. Ich hatte zwar bestimmt auch viel Glück, dass meine beiden Geburten ohne Komplikationen verlaufen sind, aber ich bin überzeugt davon, dass Hypnobirthing auch unter schwierigen Umständen, bei Kaiserschnitten oder schweren Komplikationen helfen kann, mit dem Erlebten besser umzugehen als wenn man völlig unvorbereitet ist. Hypnobirthing macht einen innerlich stark, und diese Stärke kann einem niemand mehr wegnehmen, ganz egal was geschieht. Man kann diese positive Grundhaltung sogar auf andere Lebensbereiche übertragen und zu einer gelasseneren, selbstbewussteren Frau werden.
Ich persönlich finde den Begriff „Hypnobirthing“ ja leider ein wenig irreführend – denn auch ich dachte zuerst, dass es um Hypnose geht und war von der Vorstellung ein wenig abgeschreckt. Dabei handelt es sich bei Hypnobirthing meiner Ansicht nach eher um ein unglaublich effektives Mentaltraining, das einem die Angst vor der Geburt nehmen kann und einem bewusst macht, was für ein Wunder unser Körper doch ist und dass die Geburt eines Kindes das schönste Wunder von allen ist, an das man sich für den Rest seines Lebens gerne zurückerinnern sollte!